Herr Gregor Schönhaar

Im Maien des Jahres 1176 anno Domini erblickte Gregor als vierter Sohn des Ritters „Johann von den Hütten“ das Licht der Welt. Dieser verdiente sich seinen Ritterstand wie folgt:

Heinrich der Löwe befand sich schon eine lange Zeit im Krieg mit gleich mehreren Stadtfürsten, als 1169 König Barbarossa, wie er später genannt wurde, an einem Hoftag zu Bamberg dessen Streitigkeiten schlichten konnte. Im Rahmen der Feierlichkeiten wurden einige treue und tüchtige Gefolgsleute von Heinrich in den Ritterstand erhoben, so auch Johann. Und bald darauf wurden ihm Ländereien an der Furt „bei den Hütten“ als Lehen gegeben. Die wichtigen Handelswege der Region, „Eisenweg“ und „Sauenweg“, führten durch die Furt. Er sollte fortan „Furtzoll“ bei Händlern und Reisenden erheben und davon Abgaben an Heinrichs Burg „Parkstein“ zahlen. Wie jeder Ritter durfte er sich auch eine Burg bauen und so stellte er Herrschaftshaus und Bergfried auf eine befestigte Pfahlkonstruktion, denn festen Grund suchte man in Nähe der Furt vergeblich.

Gregor aber war der Jüngste der Söhne und hatte kaum Aussicht, Land und Titel zu erben. Deshalb war sein Vater mit ihm auch nicht so streng, gemessen an den älteren Geschwistern, die er Alfred, Gerald und Brenate nannte. Gregor brauchte weder das Kriegshandwerk üben, noch höfische Etikette zu erlernen. Und um seine Fähigkeiten zum Lesen und Schreiben, so Johanns Plan, sollten sich zu gegebener Zeit die Mönche im Kloster kümmern. So wuchs Gregor als fröhliches Kind unbeschwert auf. Die Furtleute und deren Familien mochten den sowohl frechen als auch freundlichen Knaben und wegen seiner langen braunen Haare wurde er der „Prinz von Hütten“ und auch „Gregor Schönhaar“ genannt.

Doch sollte seine heile Welt im Herbst 1189 zerstört werden, als eine vermeintliche Handelsgruppe unter dem Banner eines gewissen „König Sigurd“ aus dem hohen Norden die Heidenaab hinauffuhr. Ritter Johann war mit seinem Gefolge auf der Jagd, und da es sich eigentlich um eine friedliche Zeit handelte, war die Burg kaum bewacht. Als die Nordmänner das bemerkten plünderten sie die Burg und auch die Hütten der Furtleute. Und auf daß sich keiner rächen möge, nahmen sie Gregor als Pfand mit. So lebte er fortan am Hofe Sigurds von Santen. Dieser war zwar eigentlich „nur“ Herzog, wurde jedoch vom ganzen Volk geliebt und als König bezeichnet.

Abgesehen des Umstandes, den Burghof nicht ohne Aufsicht verlassen zu dürfen, konnte er sich nicht beklagen. Er wurde anständig behandelt, lernte Lesen und Schreiben. Und als sich ein Berater Sigurds, Gunnar fra Skogen (Gunnar vom Wald), seiner annahm, erhielt er seine Lektionen auch im Reiten und dem Kampf mit dem Schwerte. Vor allem in Letzterem bewies er Fleiß. Dieser war es auch, der ihm riet, seinen alten Namen abzulegen und so nannte er sich fortan, und solange er am Hofe lebte, Gregor Johannson (Gregor, Johanns Sohn). Auch war er nicht der einzige verschleppte Nachwuchs des niederen Adels und so hatte er einige Leidensgenossen um sich.

Im Sommer 1196 geriet er in Streit mit Siegfried, dem Sohn des Königs. Und obwohl Gregor recht groß gewachsen war, überragte Siegfried ihn dennoch beinahe um zwei Köpfe. Weil er Siegfried aber in einer Auseinandersetzung brüskierte, floh Gregor durch die Unterstützung einer Edelfrau, die ihm eine Überfahrt besorgte und einen Beutel Silber gab.

Am Ende der Schiffsreise landete er im Hafen von Nantes an der Westküste der Bretagne, wo er von einem Händler angeworben wurde, ihn nach Loches zu geleiten, denn es waren unruhige Zeiten. Frankreich und England lagen im Krieg, und je nachdem, welche Fehden und Bündnisse herrschten, kam es immer wieder zu kleinen, aber auch größeren Kämpfen, und die Wege durchs Land waren gesäumt von Strauchdieben und Räubern. Deshalb war Geleitschutz für Händler und auch Adlige lukrativ und Gregor beschloss, für eine Weile in der Gegend zu bleiben.

Im Jahr 1200 wurde er dann nach Loches als Wächter angeworben. Loches war in englischer Hand, umgeben von einer gewaltigen Burganlage. Dort machte er sich und wurde zum festen Bestandteil zur Sicherung des äußeren, östlichen Torhauses.

Gregor vor einer der eroberten Belagerungsmaschinen der Franzosen.

Als 1203 während eines Angriffs der Franzosen das Torhaus, nach des Kommandanten Tod, zu fallen drohte, nahm er die Zügel in die Hand. Die Anderen folgten ihm, und das Tor konnte gehalten werden. Gerard d‘ Athe‘e, der Kommandant der Stadt, von dem er bis dahin nur Geschichten hörte, ehrte ihn dafür und übergab ihm das Kommando über jenes Tor, das er und seine Mannen so tapfer verteidigten. 

So lernte er anzuführen und so manche Strategie zur Verteidigung einer Burg. Und erstmals bildete er Schwertkämpfer aus, was ihm die Treue der Seinen sicherte. Als er 1206 zufällig erfuhr, dass die Burg aufgegeben werden sollte, und weil er die Franzosen nicht mochte, floh er gerade noch rechtzeitig, mit einigen seiner besten Kämpfer nach Süden.

Sie passierten Lyon, und Turin. Und es vergingen einige Jahre, in denen sie bekannt als „Aller beste Fechter“ zwischen den Städten hin und herzogen, um sich als Geleitschutz und als Wache der großen Feste des Adels die Taschen zu füllen. Neuerdings befindet sich Gregor in Begleitung von Django, einem wachsamen Hund, der ihm seine Arbeit erleichtert und ein treuer Gefährte im Kampf ist. Es war bereits das Jahr 1215 ins Land gezogen, als sie in Mailand von der baldigen Stadterhebung von Friesach und den begleitenden, ausgedehnten Feierlichkeiten erfuhren. Da beschlossen sie nochmals einen guten Sold zu verdingen, ehe schließlich jeder seiner Wege ging. 

Der Plan ging auf. Nachdem sie sich trennten, konnte Gregor noch als Begleitschutz des Bischofs von Regensburg, Konrad IV., für dessen Heimreise anheuern. Und so führte ihn sein Weg zum ersten Mal zurück in Richtung Heimat.

In Regensburg angekommen dauerte es nicht lange, bis der heimgekehrte Bischof vom Adel beschuldigt wurde, Unzucht mit der Äbtissin von Niedermünster, Heilka IV, getrieben zu haben. Zwar konnte sich der bei den Regensburgern beliebte Bischof dem Zugriff des Adels entziehen, doch sollte Heilka der Prozess gemacht werden. Da es an standesgemäßen Fürsprechern mangelte, Griff der Bischof zur letzten Möglichkeit, Heilka zu retten und forderte ein „Gottesurteil“, einen Zweikampf auf Leben und Tod. Da sich der Bischof nicht selbst mit einem Ritter messen wollte, stellte er Gregor an seiner statt zum Kampf. Er legte Gregors Abstammung so aus, dass dieser auch „im Stande“ war, den Zweikampf mit einem Ritter zu bestreiten. Nun, als erfahrener Kämpfer besiegte er den jungen Ritter mit Leichtigkeit und konnte diesem sogar sein Leben schonen.

Die rehabilitierte Äbtissin Heilka setzte daraufhin Gregor als Vogt zu Herschbruck ein. Auf der Reise dahin konnte er seinen Vater Johann besuchen und zum ersten Mal seine Neffen und Nichte kennenlernen, darunter den jungen Burschen Jakob, Sohn seiner Schwester Brenate.

Die darauffolgenden Jahre verwaltete Gregor als Vogt die Stadt an der goldenen Straße, Herschbruck. Alles gedieh und die Einnahmen aus dem Brückenzoll sprudelten. 

Im schicksalshaften Jahr 1222 überfiel Graf Alexander von der Weyden die beinahe schutzlose Stadt, plünderte und besetzte sie. Vogt Gregor wurde festgenommen und just, als er hingerichtet werden sollte, gelang ihm mit der Hilfe einiger Vertrauter eine spektakuläre Flucht. Mit einer Hinterlist und den erneuten Sieg in einem Duell gegen gleich zwei gerüstete Streiter, brachte er den Grafen dazu von Herschbruck abzulassen. Die geplünderten Reichtümer der Stadt, darunter Gregors Vermögen, nahm dieser jedoch mit. 

Zwar war der Graf des Nordgaus gekränkt ob seiner Niederlage, er konnte jedoch nicht umhin die Listigkeit Gregors anzuerkennen, und so bat er einen Ritter seines Ordens, Martin von Hohenhaag, diesen Vogt von Herschbruck abzuwerben, um ihn auf eigenen Ländereien einzusetzen.

Und so wurde Gregor im Jenner des Jahres 1223 zum „Vogt auf Burg Dagstein zu Vilseck“ ernannt. Seither darf er sich „Herr“ nennen und untersteht dem Ritter Martin von Hohenhaag und dem Orden der Ritter von der Zarg, dessen Streiter er regelmäßig Lektionen mit dem Schwerte erteilt.

Und sollte er Dir, als gemeinen Bürger, begegnen und Du hast zurecht Angst ihn anzusprechen, dann nenn ihn:

„Herr Gregor Schönhaar, ferner genannt Gregor Johannson, einst Hauptmann der aller besten Fechter, einst Vogt von Herschbruck, heute Meister der Klinge und Vogt auf Burg Dagstein zu Vilseck“